Immer wieder lese ich vom Credo der Kundenorientierung. WTF?
Jetzt mal ganz ehrlich; wo wäre JEDES Unternehmen OHNE Kunden? Richtig, es würde schlicht und einfach nicht existieren. Also was zum Teufel soll dieses Wort “Kundenorientierung” dann bedeuten?
Geht man zurück in einer Unternehmensgeschichte dann kommt man irgendwann zum Anfang, zu der Idee. Dem Mehrwert, den man bieten konnte. Und die Euphorie der Anfangszeit, den Markt aufzuräumen. Da scherte man sich nicht um Details wie Umsatz, Kapitalertrag, Umschlagsrendite, ROI. Man wollte gehört werden und zu den Besten gehören.
Dann kommt der Zeitpunkt in dem das Wachstum und die Größe eine Dimension annehmen in der Dinge voneinander getrennt werden. Abteilungen kümmern sich fokussiert um ihre Details. Das Marketing, der Vertrieb, der Service, die Buchhaltung, das Controlling. Und jeder beginnt, die Dinge durch seine Brille zu sehen. Mitarbeiter verlieren den Blick für das “Große Ganze”. Das Unternehmen besteht plötzlich aus einer Vielzahl an Subunternehmungen (Abteilungen) die nur noch ihr eigenes Ziel vor Augen haben.
Ich selbst bemerke das immer wieder im Vertrieb. Der Mitarbeiter wird als Ressource für Umsatz, Ertrag und ROI betrachtet. Kennzahlen bestimmen den Tagesablauf. Zielvereinbarungen kümmern sich nicht um die Zufriedenheit der Kunden. Sie kreisen sich um die eigene Existenz.
- Bestandskundenpflege — ja klar, mit einem neuen Vertrag kein Problem
- Kundenberatung — nur wenn der Rohertrag passt
- Was, der Kunden kündigt einen Vertrag — selber schuld.
Das Hamsterrad dreht sich immer weiter, nur leider immer mehr um die eigene Achse und das eigene Zentrum.
Was passiert denn wenn man einmal die Brille abnimmt und sich des Ursprungs wieder bewusst wird? Wenn aus Kundenorientierung Kundenzufriedenheit und Kundenfokussierung wird? Wenn sich Ziele nicht mehr am Umsatz oder Rohertrag orientieren sondern an der Basis zufriedener Partner?
Als erstes verliert das Controlling an Kontrolle, denn die vorherrschenden Kennzahlen verlieren an Bedeutung. Mitarbeiter müssen sich umorientieren und über den eigenen Tellerrand hinausblicken. Sie verlieren ihre Fokussierung auf die eigenen Ziele (Hauptsache mir geht es gut) und sie müssen mit den anderen Abteilungen kooperieren um Partner wirklich zufrieden zu stellen. Diese Abteilungsstrukturen lösen sich dann mehr und mehr auf und weichen einem Wissensnetzwerk, das die Bedürfnisse der Partner immer mehr versteht und besser auf sie eingehen kann. Damit entstehen neue Produkte, neue Dienstleistungen die die Bedürfnisse der Partner noch besser befriedigen.
Und der Kunde / Partner?
Ach herrje, der fühlt sich plötzlich wohl und verstanden. Der sieht keinen Grund mehr, woanders zu kaufen. Der ist auch bereit mehr zu zahlen weil es für ihn einfach passt.
Und so werden Umsätze und Erträge zu einem positiven Begleiteffekt, der sich dem Unternehmenszweck unterordnet statt ihn zu bestimmen.
Sicherlich wird der eine oder andere jetzt denken: “Da ist ja eine schöne Geschichte, doch das funktioniert ja gar nicht!” Leider muss die diejenigen enttäuschen. Ich selbst habe es Mehrmahls erfolgreich umgesetzt und andere Unternehmen auch. Der Umbruch ist hart, tut weh, doch das Ergebnis lohnt sich.
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