Zum Inhalt

Systemische Familienaufstellungen

Verborgene Dynamiken verstehen und lösen

Jeder Mensch wird in ein Familiensystem hinein­ge­bo­ren und über­nimmt unbe­wusst Muster, Rollen und Verstrickungen aus diesem System. Diese wirken oft über Generationen hinweg und beein­flus­sen Beziehungen, Entscheidungen und Lebenswege. Systemische Familienaufstellungen machen diese verbor­ge­nen Dynamiken sicht­bar und ermög­li­chen Lösungen, in denen Leben und Liebe wieder flie­ßen können.

Was ist eine Familienaufstellung?

Familienaufstellung ist ein bild­ge­ben­des Verfahren, das Beziehungsstrukturen räum­lich darstellt. Durch Stellvertreter – Menschen, die für Familienmitglieder, Ahnen oder Themen stehen – werden verbor­gene Kräfte spür­bar. Diese Methode basiert auf dem Phänomen der reprä­sen­tie­ren­den Wahrnehmung: Stellvertreter nehmen körper­li­che Impulse, Emotionen und Bewegungstendenzen wahr, die zum aufge­stell­ten System gehö­ren, ohne vorher Informationen darüber zu haben.

Die Wurzeln liegen in verschie­de­nen psycho­the­ra­peu­ti­schen Ansätzen – von Jakob Morenos Psychodrama über Virginia Satirs Familienskulptur bis zu Bert Hellingers syste­mi­schem Familienstellen. Die phäno­me­no­lo­gi­sche Weiterentwicklung durch Harald Homberger prägt die Arbeit “in der Stille”, bei der Lösungen unter ande­rem ohne direk­tive Eingriffe durch den Aufsteller entste­hen können.

Drei grundlegende Systemkräfte

In jedem System wirken drei zentrale Prinzipien:

Ausgleich von Geben und Nehmen

Beziehungen stre­ben nach Balance. Das Geschenk des Lebens von den Eltern an die Kinder kann nicht zurück­ge­ge­ben, sondern nur weiter­ge­ge­ben werden. Als Kind zahlen wir mit Liebe und Vertrauen, als Erwachsene mit Wertschätzung und Anerkennung. Ist die Balance gestört, entste­hen Spannungen und Verstrickungen.

Ordnung und Rangfolge 

Jeder hat seinen Platz im System. Die Eltern stehen an erster Stelle, dann folgen die Kinder in ihrer Geburtsreihenfolge. Die vorhe­rige Generation steht immer über der nach­fol­gen­den. Wird diese Ordnung verletzt – etwa wenn Kinder die Rolle der Eltern über­neh­men – zeigen sich Konflikte und Belastungen.

Bindung und Zugehörigkeit 

Jeder, der zum System gehört, hat ein Recht auf Zugehörigkeit. Werden Familienmitglieder ausge­grenzt oder verges­sen, wirkt sich das auf nach­fol­gende Generationen aus. Die Bindung zu unse­ren Eltern und Ahnen bleibt bestehen, auch wenn wir das ableh­nen wollen.

Typische Themen und Verstrickungen

Viele persön­li­che Herausforderungen werden erst verständ­lich, wenn man das ganze System betrachtet:

Unterbrochene Hinbewegung zu den Eltern 

Ein Kind konnte nicht die natür­li­che Nähe, Wärme und Geborgenheit bei Mutter oder Vater erle­ben – etwa durch frühe Trennung, Geburt eines Geschwisterkindes oder emotio­nale Nichtverfügbarkeit der Eltern. Die Folge können Wut, Trauer oder ein Gefühl des Nicht-Geliebt-Seins sein, das sich bis ins Erwachsenenalter fortsetzt.

Parentifizierung – Wenn Kinder zu Eltern werden 

Kinder über­neh­men Verantwortung für ihre Eltern, etwa bei sucht­kran­ken, psychisch erkrank­ten oder über­for­der­ten Eltern. Sie werden zum Vertrauten, zur Stütze oder zum Vermittler zwischen den Eltern und verlie­ren dabei ihre eigene kind­li­che Position.

Triangulierung – Das Kind im Konflikt der Eltern 

Eltern binden ihr Kind in ihren Konflikt ein oder tragen diesen auf dem Rücken des Kindes aus. Das Kind gerät in Loyalitätskonflikte und fühlt sich zerris­sen zwischen beiden Elternteilen.

Übernahme und Identifizierung 

Eine Person über­nimmt unbe­wusst Gefühle, Aufgaben oder das Schicksal eines frühe­ren Familienmitglieds – etwa die Trauer der Mutter über einen verlo­re­nen Angehörigen, den Karriereweg der Eltern oder die Rolle eines ausge­schlos­se­nen Ahnen. Diese Übernahme geschieht aus einem tiefen Bedürfnis nach Bindung und Zugehörigkeit.

Nachfolge – Die Last der Ahnen 

Wenn frühere Generationen ein schwe­res Schicksal hatten – früher Tod, Traumata, unge­sühn­tes Leid – kann der Wunsch entste­hen, diesen nach­zu­fol­gen. Dies zeigt sich in erhöh­ter Risikobereitschaft, Selbstzerstörung oder dem Gefühl, nicht wirk­lich hier­her zu gehören.

Settings und Formate

Aufstellungen können in verschie­de­nen Settings durch­ge­führt werden:

In Gruppen mit Stellvertretern, im Einzelsetting mit Bodenankern oder Figuren, oder als imagi­näre Aufstellung, bei der der Klient selbst durch die Positionen geht. Neben Systemaufstellungen für Familie oder Organisation gibt es Strukturaufstellungen wie Glaubenspolaritäten oder Tetralemma für spezi­fi­sche Fragestellungen.

Der Prozess

Nach Klärung des Anliegens werden Stellvertreter ausge­wählt und intui­tiv im Raum posi­tio­niert. Das entste­hende Bild zeigt die aktu­el­len Dynamiken. Durch körper­li­che Impulse, Bewegungen und gezielte Interventionen entwi­ckelt sich das System hin zu einem Lösungsbild, in dem alle Beteiligten einen guten Platz haben und die Energie wieder flie­ßen kann.

Die Aufstellung wirkt auf mehre­ren Ebenen: kogni­tiv durch neue Erkenntnisse, emotio­nal durch das Erleben im Raum, und syste­misch durch die Veränderung der inne­ren Haltung zu den Beteiligten.

Die phänomenologische Haltung

Die Arbeit basiert auf einer Grundhaltung der Absichtslosigkeit und Offenheit: “Dem Raum geben, was sich zeigen möchte.” Der Aufsteller greift nicht direk­tiv ein, sondern dient dem Prozess. Zentrale Prinzipien sind:

  • Im Anfängergeist blei­ben – jede Aufstellung ist neu
  • Warten können – Lösungen zeigen sich zur rich­ti­gen Zeit
  • Nicht helfen wollen – dem System vertrauen
  • Respekt und Demut vor dem Anliegen und den Beteiligten
  • Mitgefühl ohne Mitleid

Die Kommunikation wird auf das Notwendigste redu­ziert. In dieser Stille können sich Lösungen inten­si­ver und klarer entfalten.

Wirkung und Nachbetreuung

Aufstellungen können tief­grei­fende Veränderungen ansto­ßen. Die Bilder und Erfahrungen wirken oft noch Wochen und Monate nach. Wichtig ist, dem Prozess Zeit zu geben und nicht zu schnell wieder in alte Muster zurückzufallen.

Du willst mehr wissen oder an einem Aufstellungstag dabei sein? Dann meld Dich gerne

Kontakt