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04 — Jeder Handelt aus seiner Sicht immer richtig

In den letz­ten Folgen haben wir uns ja ange­schaut, wie Weltbilder entste­hen und und das EVA-Prinzip kennen gelernt. Und viel­leicht hast Du Dich in den letz­ten Tagen beob­ach­tet und geschaut, wo Du unbe­wusst oder auch bewusst Meinungen gebil­det oder einfach über­nom­men hast. 

Bevor ich darauf eingehe, wie Du diese Dinge, die Du an Dir beob­ach­tet hast, verän­dern kannst soll­test Du verste­hen das das bisher voll okay war. Du hast für Dich immer rich­tig gehan­delt und die für Dich beste Option gewählt. 

Jeder Mensch handelt aus seiner Sicht, seiner Position oder Option immer rich­tig. Danke an Dirk für diesen Impuls, den er mir vor eini­gen Jahren mit auf den Weg gege­ben hat. Das mag jetzt viel­leicht ein einfach daher gesag­ter Satz sein. Aber lass mich das einmal genauer betrachteten.

In meinem Bild von Welt werden wir primär von unse­rem Lymbischen System gesteu­ert. Dieses System kennt nur zwei Impulse: Mag ich oder mag ich nicht. Das sind die beiden Impulse, aus denen heraus wir handeln. Entweder vermei­den oder gewin­nen. Schmerz oder Lust. Und das System ist verdammt alt, steckte quasi schon in unse­ren längst ausge­stor­be­nen Vorfahren und hat unser Überleben gesi­chert. 

Jetzt kommt das ganze andere Drumherum dazu, der Cortex, in dem unsere Informationen in der Datenbank liegen. Dieses System sorgt dann dafür, das unsere Impulse die rich­tige Begründung und den rich­ti­gen Kontext bekom­men. 

Ich trinke zum Beispiel gerne Espresso. So einen rich­tig schö­nen, mit einer perfek­ten Crema, die nicht zu hell oder zu dunkel ist, aber den Zucker für 2–3 Sekunden hält, bevor dieser in den Espresso eintaucht. Also kaufte ich mir eine Nespresso-Maschine, weil ich eben Espresso mag. Ja, der damit entste­hende Müll war mir den dem Moment egal. Doch es war eine Investition von 90 Euro und damit damals für mich richtig.

Das Glück war aber nicht von Dauer, denn dann drang der besagte Müll in mein Bewusstsein. Was sich erst rich­tig anfühlte bekam einen faden Beigeschmack. Also wollte ich es wieder rich­tig rich­tig haben. Und heute steht eine Siebträgermaschine mit Mühle für knapp 1.000 Euro in meiner Küche mit der ich den für mich Weltbesten Espresso zaubern kann. Mein Verstand rebel­lierte eine ganze zeit lang doch mein lymbi­sches System siegte. Und so blieb dem Verstand nichts ande­res übrig, als die Investition in mein Weltbild zu inte­grie­ren, den Kontext herzu­stel­len. „Na gut, das ist ja auch eine einma­lige Investiton, meiner Freundin kann ich damit auch einen lecke­ren Cappuccino machen, etc. Pp.“

Andere würden die Hände über den Kopf zusam­men­schla­gen und mir sagen, was man für 1.000 Euro alles bekom­men kann. Und das ist ja auch okay, denn das wäre für diese Menschen rich­tig. 

Das bedeu­tet, das jedes Richtig von jewei­li­gen Weltbild abhän­gig ist. 

Was für mich rich­tig ist, muss noch lange nicht für Dich rich­tig sein. Das ist jetzt keine Rechtfertigung für Mord, Ungerechtigkeit oder Verschwörungsschwurbeleien. Das steht noch einmal auf einem ande­ren Blatt. 

Und zurück zu unse­ren Meinungen und Sichtweisen: Sie sind für uns in diesem Moment meist stim­mig und rich­tig. Auch wenn Du in den letz­ten Tagen erkannt hast, das es einige gibt, die bei nähe­rer Betrachtung mumpitz sind, zum Zeitpunkt der Entstehung waren sie für Dich rich­tig. Das ist mir beson­ders wich­tig, das Du das verstehst. Es war rich­tig und okay. 

Jahrelang fühlte ich mich nicht gese­hen. Menschen vielen mir ins Wort, über­sa­hen mich oder igno­rier­ten mich schlicht. Das war für mich mit abso­lu­tem Schmerz verbun­den, wollte ich doch dazu­ge­hö­ren. — By the Way — unser Gehirn kann nicht zwischen physi­schem und psychi­schem Schmerz unter­schei­den. 

Also tat ich damals alles aus meiner Sicht rich­tige, verbog mich um ande­ren zu gefal­len, redete ihnen nach dem Mund, war verständ­nis­voll und zu allen Kompromissen bereit. Hatte gern und oft eine devote Haltung um andere bloß nicht zu verär­gern. Ich wollte nur weg von diesem Schmerz. Wohin ich aller­dings wollte, wusste ich damals leider nicht. Das ganze nahm so extreme Züge an, das ich Rechnungen nicht bezahlte, um wenigs­tens von den Mahnabteilungen gese­hen zu werden. Und um mich dann zu bekla­gen (Teil einer Gruppe sein) wie schlimm doch alles ist. 

Die beiden Situationen aus meinem Leben sind bezeich­nend für die beiden Grundimpulse des lymbi­schen Systems. Den Espresso und die Maschinen wollte ich haben um ein gutes Gefühl zu bekom­men. Dazu gehö­ren wollte ich um Schmerz zu vermei­den. Im Extremfall werden daraus Gier und Angst. 

Erst viel später erkannte ich das Spiel dahin­ter. Problematisch war nur, das diese Muster bereits eine Autobahn in meinem Gehirn haben entste­hen lassen und jeder noch so kleine Impuls war nur eine weitere Auffahrt. 

Denn diese Datenbank in meinem Gehirn ist mehr als nur das lose abspei­chern von Informationen. Das Ding vernetzt auch noch vieles mitein­an­der. Und je öfter ich ein Programm, eine App benutze, desto schnel­ler wird sie gestar­tet und andere lose Enden werden damit vernetzt. Zu guter letzt wird die App nie geschlos­sen sondern läuft perma­nent als Hintergrundprozess. Und lässt mich alles als rich­tig sehen was in den Code passt. 

Rauchen: ich weiß, das es schäd­lich ist, doch meine „Raucherapp“ lässt es für mich als rich­tig erschei­nen. Genuss, Gelassenheit, Freiheit, Stressreduktion…

Sich verbie­gen: grund­falsch, doch für die „Zugehörigkeits-App“ ist es wich­ti­ger, dazu zu gehö­ren? 

Du siehst, was vorder­grün­dig als falsch erscheint, bringt durch die Hintertür das Richtige mit. Das nennt sich so schön Sekundärer Gewinn. Und hier ist aus meiner Sicht auch wieder der Sichtwechsel. 

Darunter fällt für mich zum Beispiel das Jammern. Da wird sich über diese und jenes aufge­regt, was da oben alles falsch läuft und das einem selbst ja nichts mehr in der Tasche bleibt. Was bekomme ich durch das Jammern? Richtig, Aufmerksamkeit. 

Eine Bekannte von mir war viele Jahre immer wieder krank. Es war für sie der Weg, die Zuneigung von ande­ren zu bekom­men, die sie als Kind von ihren Eltern bekam, wenn sie krank war. Es war ihre Option, ihr Programm, das auto­ma­tisch lief, wenn sie zu wenig Zuwendung bekam. 

Vielleicht erkennst Du gerade eine Parallele zu dem System der Glaubenssätze. Und ja, das ist gar nicht so weit herge­holt. Sie sind der Speicherpfad zur App. 

Kommt jetzt der Impuls, Dich dage­gen zu wehren? Oder Dich dafür zu verur­tei­len? Auch hier darfst Du in den nächs­ten Tagen einmal die Aufmerksamkeit darauf lenken, was da alles im Hintergrund läuft. Wie sich die Dinge für Dich ins rich­tige Licht setzen. 

Denn die Evolution hat uns mit einem Steuerungsinstrument ausge­stat­tet das bei opti­ma­ler Benutzung hoch flexi­bel ist. Und das sich jeder­zeit neuen Situationen anpas­sen kann. 

Published inPodcasts

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