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In den letzten Folgen haben wir uns ja angeschaut, wie Weltbilder entstehen und und das EVA-Prinzip kennen gelernt. Und vielleicht hast Du Dich in den letzten Tagen beobachtet und geschaut, wo Du unbewusst oder auch bewusst Meinungen gebildet oder einfach übernommen hast.
Bevor ich darauf eingehe, wie Du diese Dinge, die Du an Dir beobachtet hast, verändern kannst solltest Du verstehen das das bisher voll okay war. Du hast für Dich immer richtig gehandelt und die für Dich beste Option gewählt.
Jeder Mensch handelt aus seiner Sicht, seiner Position oder Option immer richtig. Danke an Dirk für diesen Impuls, den er mir vor einigen Jahren mit auf den Weg gegeben hat. Das mag jetzt vielleicht ein einfach daher gesagter Satz sein. Aber lass mich das einmal genauer betrachteten.
In meinem Bild von Welt werden wir primär von unserem Lymbischen System gesteuert. Dieses System kennt nur zwei Impulse: Mag ich oder mag ich nicht. Das sind die beiden Impulse, aus denen heraus wir handeln. Entweder vermeiden oder gewinnen. Schmerz oder Lust. Und das System ist verdammt alt, steckte quasi schon in unseren längst ausgestorbenen Vorfahren und hat unser Überleben gesichert.
Jetzt kommt das ganze andere Drumherum dazu, der Cortex, in dem unsere Informationen in der Datenbank liegen. Dieses System sorgt dann dafür, das unsere Impulse die richtige Begründung und den richtigen Kontext bekommen.
Ich trinke zum Beispiel gerne Espresso. So einen richtig schönen, mit einer perfekten Crema, die nicht zu hell oder zu dunkel ist, aber den Zucker für 2–3 Sekunden hält, bevor dieser in den Espresso eintaucht. Also kaufte ich mir eine Nespresso-Maschine, weil ich eben Espresso mag. Ja, der damit entstehende Müll war mir den dem Moment egal. Doch es war eine Investition von 90 Euro und damit damals für mich richtig.
Das Glück war aber nicht von Dauer, denn dann drang der besagte Müll in mein Bewusstsein. Was sich erst richtig anfühlte bekam einen faden Beigeschmack. Also wollte ich es wieder richtig richtig haben. Und heute steht eine Siebträgermaschine mit Mühle für knapp 1.000 Euro in meiner Küche mit der ich den für mich Weltbesten Espresso zaubern kann. Mein Verstand rebellierte eine ganze zeit lang doch mein lymbisches System siegte. Und so blieb dem Verstand nichts anderes übrig, als die Investition in mein Weltbild zu integrieren, den Kontext herzustellen. „Na gut, das ist ja auch eine einmalige Investiton, meiner Freundin kann ich damit auch einen leckeren Cappuccino machen, etc. Pp.“
Andere würden die Hände über den Kopf zusammenschlagen und mir sagen, was man für 1.000 Euro alles bekommen kann. Und das ist ja auch okay, denn das wäre für diese Menschen richtig.
Das bedeutet, das jedes Richtig von jeweiligen Weltbild abhängig ist.
Was für mich richtig ist, muss noch lange nicht für Dich richtig sein. Das ist jetzt keine Rechtfertigung für Mord, Ungerechtigkeit oder Verschwörungsschwurbeleien. Das steht noch einmal auf einem anderen Blatt.
Und zurück zu unseren Meinungen und Sichtweisen: Sie sind für uns in diesem Moment meist stimmig und richtig. Auch wenn Du in den letzten Tagen erkannt hast, das es einige gibt, die bei näherer Betrachtung mumpitz sind, zum Zeitpunkt der Entstehung waren sie für Dich richtig. Das ist mir besonders wichtig, das Du das verstehst. Es war richtig und okay.
Jahrelang fühlte ich mich nicht gesehen. Menschen vielen mir ins Wort, übersahen mich oder ignorierten mich schlicht. Das war für mich mit absolutem Schmerz verbunden, wollte ich doch dazugehören. — By the Way — unser Gehirn kann nicht zwischen physischem und psychischem Schmerz unterscheiden.
Also tat ich damals alles aus meiner Sicht richtige, verbog mich um anderen zu gefallen, redete ihnen nach dem Mund, war verständnisvoll und zu allen Kompromissen bereit. Hatte gern und oft eine devote Haltung um andere bloß nicht zu verärgern. Ich wollte nur weg von diesem Schmerz. Wohin ich allerdings wollte, wusste ich damals leider nicht. Das ganze nahm so extreme Züge an, das ich Rechnungen nicht bezahlte, um wenigstens von den Mahnabteilungen gesehen zu werden. Und um mich dann zu beklagen (Teil einer Gruppe sein) wie schlimm doch alles ist.
Die beiden Situationen aus meinem Leben sind bezeichnend für die beiden Grundimpulse des lymbischen Systems. Den Espresso und die Maschinen wollte ich haben um ein gutes Gefühl zu bekommen. Dazu gehören wollte ich um Schmerz zu vermeiden. Im Extremfall werden daraus Gier und Angst.
Erst viel später erkannte ich das Spiel dahinter. Problematisch war nur, das diese Muster bereits eine Autobahn in meinem Gehirn haben entstehen lassen und jeder noch so kleine Impuls war nur eine weitere Auffahrt.
Denn diese Datenbank in meinem Gehirn ist mehr als nur das lose abspeichern von Informationen. Das Ding vernetzt auch noch vieles miteinander. Und je öfter ich ein Programm, eine App benutze, desto schneller wird sie gestartet und andere lose Enden werden damit vernetzt. Zu guter letzt wird die App nie geschlossen sondern läuft permanent als Hintergrundprozess. Und lässt mich alles als richtig sehen was in den Code passt.
Rauchen: ich weiß, das es schädlich ist, doch meine „Raucherapp“ lässt es für mich als richtig erscheinen. Genuss, Gelassenheit, Freiheit, Stressreduktion…
Sich verbiegen: grundfalsch, doch für die „Zugehörigkeits-App“ ist es wichtiger, dazu zu gehören?
Du siehst, was vordergründig als falsch erscheint, bringt durch die Hintertür das Richtige mit. Das nennt sich so schön Sekundärer Gewinn. Und hier ist aus meiner Sicht auch wieder der Sichtwechsel.
Darunter fällt für mich zum Beispiel das Jammern. Da wird sich über diese und jenes aufgeregt, was da oben alles falsch läuft und das einem selbst ja nichts mehr in der Tasche bleibt. Was bekomme ich durch das Jammern? Richtig, Aufmerksamkeit.
Eine Bekannte von mir war viele Jahre immer wieder krank. Es war für sie der Weg, die Zuneigung von anderen zu bekommen, die sie als Kind von ihren Eltern bekam, wenn sie krank war. Es war ihre Option, ihr Programm, das automatisch lief, wenn sie zu wenig Zuwendung bekam.
Vielleicht erkennst Du gerade eine Parallele zu dem System der Glaubenssätze. Und ja, das ist gar nicht so weit hergeholt. Sie sind der Speicherpfad zur App.
Kommt jetzt der Impuls, Dich dagegen zu wehren? Oder Dich dafür zu verurteilen? Auch hier darfst Du in den nächsten Tagen einmal die Aufmerksamkeit darauf lenken, was da alles im Hintergrund läuft. Wie sich die Dinge für Dich ins richtige Licht setzen.
Denn die Evolution hat uns mit einem Steuerungsinstrument ausgestattet das bei optimaler Benutzung hoch flexibel ist. Und das sich jederzeit neuen Situationen anpassen kann.
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