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Kategorie: Mauthner - Gesellschaft für Sprachkritik

15. Urzeit der Sprache

Die Schrift ist nicht nur die Dauerform der Gedächtniszeichen, die Schrift ist eine künst­li­che Verbesserung des Gedächtnisses, wie die Photographie eine Verbesserung des Sehorgans.” Unbeirrt wieder­hole ich bei jeder Gelegenheit, daß Denken und Sprechen ein und dieselbe Geistestätigkeit bezeichne, und doch weiß ich, daß die beiden Begriffe nicht ganz gleich…

16. Wirkliches Denken

Gedächtnis ohne Gedächtniszeichen ist nicht möglich; und Zeichen sind im weites­ten Sinne sprach­li­che Akte.” Von der physio­lo­gi­schen Psychologie wollen wir die Kritik der älte­ren psycho­lo­gi­schen Begriffe gern anneh­men; ihrer Führung wollen wir uns jedoch nicht anver­trauen, am wenigs­ten der neuer­dings so emsi­gen Gehirnphysiologie. Die Herren, welche nach physio­lo­gi­schen Schätzen graben, geben…

18. Seele und Leib

Fast zwei­tau­send Jahre lang hat man auch in der Psychologie die hölzer­nen Gerüste des Aristoteles für Kunstwerke gehal­ten.” Man kann die Seele zehn­mal nach­ge­wie­sen haben als ein leeres Wortgespenst, der Begriff bleibt dennoch wich­tig für die Geschichte des mensch­li­chen Denkens. Der große Zwiespalt, der die eine Partei auf den Materialismus,…

19. Zufallssinne

Erst aus einer Kritik der Sprache könn­ten viel­leicht einige Anfangsgründe einer künf­ti­gen Psychologie entste­hen.” Unser neuer Begriff “Zufallssinne ” stellt sich derje­ni­gen Auffassung entge­gen, die, unbe­wußt von Philosophen wie von den naivs­ten Menschen ange­nom­men wird: daß nämlich auf der einen Seite die Welt sei, auf der ande­ren Seite der Mensch…

20. Subjektivismus

Wie wir sagen, mein Kopf tut mir weh, so müßten wir auch sagen können, meine Zunge schmeckt gut … man würde ausge­lacht, weil die Sprache niemals der neues­ten Erkenntnis entspricht.” Was nun KANT in seiner Weise, trotz allen scho­las­ti­schen Wortaberglaubens und trotz­dem er die bereits aufkei­mende Entwicklungslehre nicht ahnte, mit…

21. Friedrich Nietzsche

Und Nietzsche vergleicht die Sprache gut mit Logik und Mathematik, die viel­leicht nicht entstan­den wären, wenn man in Urzeiten gewußt hätte, daß es keine wirk­li­che Identität und keine abso­lut gerade Linie gibt.” Bei NIETZSCHE wird ein Gedanke, der unsere armen fünf Sinne als Zufallssinne ansieht und danach den Wert ihres Zufallsbildes…

22. Beschränkung der Sinne

Alle Begriffsbildung oder Namengebung ist Klassifikation oder Aufmerksamkeit auf Ähnlichkeiten. Alle Aufmerksamkeit auf Ähnlichkeiten oder Klassifikation ist eine Funktion unse­rer Sinnesorgane.” Wir besit­zen fünf oder viel­mehr sechs Sinne. Durch Vergleichung ihrer Mitteilungen unter­ein­an­der gelan­gen wir zu der Einsicht, daß jedes einzelne von den Sinnesorganen nur einen beschränk­ten Teil des Gebietes…

23. Weltbild der Amöbe

Das Mikroskopieren verführt zu falscher Namenerfindung. Freilich ist das nur der glei­che Irrtum, der nicht­mi­kro­sko­pie­rende Menschen auf die Vortrefflichkeit ihrer unbe­waff­ne­ten Sinnesorgane vertrauen läßt.” Ich habe also bisher gezeigt, daß der Gehörsinn, der Wärmesinn und der Gesichtssinn selbst von denje­ni­gen Wirklichkeitsvorgängen, auf welche wir durch Kombination aller Sinneswahrnehmungen zu schließen…

24. Subjektivität

Die Subjektivität unse­rer Welterkenntnis beschränkt sich also nicht auf Empfindungen, Gefühle u.s.w., die Subjektivität gehört zum Wesen unse­res Denkens oder unse­rer Sprache.” Jede Vorstellung ist allein die Wirkung der Außenwelt auf das Ich, also eine äußere Bewegung, die sich in ein Bild verwan­delt hat; jede Vorstellung ist real. Jede Vorstellung ist…